Gesundheitsförderung 6: Österreich

Gerlinde Rohrauer-Näf , Karin Waldherr , Petra Plunger

(letzte Aktualisierung am 04.08.2022)

Zitierhinweis: Rohrauer-Näf, G., Waldherr, K. & Plunger, P.(2022). Gesundheitsförderung 6: Österreich. In: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) (Hrsg.), Leitbegriffe der Gesundheitsförderung und Prävention. Glossar zu den Konzepten, Strategien und Methoden.

https://doi.org/10.17623/BZGA:Q4-i040-2.0

Zusammenfassung

Gesundheitsförderung hat sich seit den 1990er-Jahren in Österreich zunehmend etabliert. In diesem Beitrag wird zunächst die Entwicklung gesetzlicher Rahmenbedingungen für die Gesundheitsförderung nachgezeichnet. Im Anschluss werden die Rollen und Aufgabenbereiche zentraler Akteurinnen und Akteure auf Bundes- und Landesebene beschrieben, wie auch wichtige Netzwerke und weitere Unterstützungsstrukturen für Gesundheitsförderung, die in den letzten Jahren entstanden sind und auf eine dynamische Entwicklung des Feldes hinweisen. Im Sinne des Capacity Buildings für Gesundheitsförderung wird auch der Forschungs- und Ausbildungsbereich beleuchtet.

Schlagworte

Gesundheitsförderung, Österreich, Akteurinnen und Akteure, Unterstützungsstrukturen, Capacity Building, Forschung, Ausbildung


Einleitung

Die Entwicklung der Gesundheitsförderung in Österreich wurde zunächst stark beeinflusst von der Verabschiedung des Gesundheitsförderungsgesetzes 1998, mit dessen Umsetzung der Fonds Gesundes Österreich beauftragt wurde. Auf Bundesebene haben die Abteilung für Gesundheitsförderung und Prävention des derzeitigen Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz sowie die Sozialversicherung wichtige Rollen. Regional von großer Bedeutung sind die Vorsorge-, Präventions- und Gesundheitsförderungseinrichtungen der einzelnen Bundesländer mit ihrem Engagement insbesondere im Bereich der Gesunden Schulen und Gemeinden (Settingansatz/Lebensweltansatz). Darüber hinaus gibt es eine äußerst komplexe Struktur von Organisationen und Personen.

Im Rahmen der österreichischen Gesundheitsreform 2013 erfolgten einige wichtige Schritte in Richtung Stärkung der Gesundheitsförderung, Kooperation der Akteurinnen und Akteure sowie breiter Umsetzung einer gesundheitsorientierten Politik in Österreich. Bereits ein Jahr zuvor wurden im Juni 2012 die Gesundheitsziele Österreich beschlossen. Diese sollen den Rahmen für eine umfassende gesundheitspolitische Orientierung für die nächsten zwanzig Jahre vorgeben. Sie dienten auch als Grundlage für die im Jahr 2014 von der Bundes-Zielsteuerungskommission beschlossene Gesundheitsförderungsstrategie im Rahmen des Bundes-Zielsteuerungsvertrages, der eine abgestimmte Vorgangsweise zwischen Bund, Ländern und Sozialversicherung festlegt.

Gesetzliche Rahmenbedingungen für Gesundheitsförderung

Seit Anfang der 1990er-Jahre berücksichtigt die Gesundheitspolitik in Österreich Gesundheitsförderung in der Gesetzgebung. Seit 1992 ist Gesundheitsförderung im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz als Pflichtaufgabe der Sozialversicherungsträger definiert (§ 116 Abs. 1 Z 5). Darüber hinaus gibt es gesetzliche Regelungen für freiwillige Leistungen, die „unter Bedachtnahme“ der finanziellen Leistungsfähigkeit der einzelnen Träger gewährt werden können. Die Sozialversicherungsträger konzentrieren sich v. a. auf den Settingansatz/Lebensweltansat  (Betrieb, Schule). Außerdem wurden bislang einzelne Projekte der kommunalen Gesundheitsförderung (Gesundheitsförderung und Gesunde ‒ Soziale Stadt ‒ Kommunalpolitische Perspektive) sowie individuumsorientierte Präventionsmaßnahmen in den Feldern Ernährung, Bewegung, Stress, Zahngesundheit und Rauchen umgesetzt oder unterstützt.

Durch den „Grundsatzerlass zur Gesundheitserziehung“ (Gesundheitliche Aufklärung und Gesundheitserziehung) aus dem Jahr 1997 ist Gesundheitsförderung in Schulen verpflichtend. Der Erlass beruht auf den Erfahrungen des europäischen Netzwerks „Health Promoting Schools“ (ENHPS), einem internationalen Programm der WHO, des Europarates und der Europäischen Union. Österreich trat dem ENHPS, nun „Schools for Health in Europe“ (SHE network), 1993 bei. Mit Unterstützung der damaligen Bundesministerien für Bildung, Wissenschaft und Kultur (BMBWK) sowie für soziale Sicherheit und Generationen (BMSG) wurde das Programm „Gesundheitsfördernde Schulen“ in elf Pilotschulen erprobt (Gesundheitsförderung und Schule).

Ein Meilenstein für die Gesundheitsförderung in Österreich war das „Bundesgesetz über Maßnahmen und Initiativen zur Gesundheitsförderung, -aufklärung und -information“, kurz Gesundheitsförderungsgesetz 1998 (GfG). Inhaltlich war die Ottawa-Charta (WHO 1986) eine wichtige Basis für dieses Gesetz (Gesundheitsförderung 2: Entwicklung vor Ottawa 1986). Im GfG wurden grundlegende Handlungsstrategien zur Erreichung folgender Ziele definiert:

  • Strukturaufbau im Bereich Gesundheitsförderung und Krankheitsprävention,
  • Entwicklung und Vergabe von Programmen und Angeboten in Settings (Gemeinden, Städte, Schulen, Betriebe, öffentliches Gesundheitswesen) (Settingansatz/Lebensweltansatz),
  • Information und Beratung,
  • wissenschaftliche Programme und Evaluation zur Weiterentwicklung der Praxis sowie Unterstützung der Fortbildung und Abstimmung mit bestehenden Aktivitäten.

Ein Kernthema im österreichischen Gesundheitsreformgesetz 2005 war die Überwindung der strikten Trennung der einzelnen Sektoren des Gesundheitswesens und die bessere Abstimmung. Ein Eckpunkt war die Vereinbarung gemäß Art. 15 a B-VG (dieser Artikel der österreichischen Bundesverfassung regelt Vereinbarungen zwischen dem Bund und den Ländern) über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens. Diese beinhaltete unter anderem die Einrichtung der Bundesgesundheitsagentur sowie der Landesgesundheitsfonds auf Ebene der Bundesländer mit den Gesundheitsplattformen als oberste Organe. Hauptaufgaben der Gesundheitsplattformen sind die Planung, Finanzierung und Steuerung des extra- und intramuralen Gesundheitswesens. Eine weitere Aufgabe ist die Entwicklung von Projekten zur Gesundheitsförderung.

Die zehn Gesundheitsziele Österreich

Zentraler Bestandteil der Gesundheitsreform 2013 sind die zehn Gesundheitsziele, die für die nächsten zwanzig Jahre richtungsweisend sein sollen. Eines der wichtigsten Grundprinzipien bei ihrer Entwicklung war das Konzept der „Health in All Policies“ (Gesundheitsfördernde Gesamtpolitik/Healthy Public Policy). Sie wurden mit rund 40 Institutionen in einem partizipativen Prozess entwickelt und vom Ministerrat im Jahr 2012 beschlossen (siehe Abb. 1 unten, Phase 1). Für die Umsetzung wurden bzw. werden unter Koordination des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz in verschiedenen Arbeitsgruppen Strategien, Maßnahmen und Wirkungsziele inklusive Operationalisierung erarbeitet (Phase 2).

Folgend auf die Umsetzung der Maßnahmenkonzepte für die einzelnen Gesundheitsziele in spezifischen Arbeitsgruppen (Phase 3) widmet sich die 2019 gestartete 4. Phase der Umsetzung von übergreifenden Schwerpunkten sowie der Identifizierung und Umsetzung von High-Impact Maßnahmen (z. B. Österreichische Plattform für Gesundheitskompetenz, der Dialog gesund & aktiv altern, die Strategie Gesundheit im Betrieb und Frühe Hilfen). Die Gesundheitsziele Österreich leisten damit einen wesentlichen Beitrag zur Umsetzung der Agenda 2030. Ein Monitoring begleitet die Umsetzung. Außerdem sind die Aktivitäten für die Öffentlichkeit über den Web-Auftritt der Gesundheitsziele einsehbar (www.gesundheitsziele-oesterreich.at).

Die Gesundheitsförderungsstrategie und weitere relevante Strategien

Zur Stärkung der Gesundheitsförderung im Rahmen der Gesundheitsreform 2013 wurde die Vereinbarung von Bund, Ländern und Sozialversicherung zur partnerschaftlichen Steuerung der Planung, Organisation und Finanzierung der österreichischen Gesundheitsversorgung gemäß Artikel 15 a B-VG in einem Gesetz festgeschrieben. Zur expliziten Stärkung der Gesundheitsförderung sieht das Bundesgesetz zur partnerschaftlichen Zielsteuerung-Gesundheit (Gesundheits-Zielsteuerungsgesetz) im Paragraf 19 die Einrichtung von Sondervermögen für Gesundheitsförderung in den Landesgesundheitsfonds (= Landesgesundheitsförderungsfonds) vor.

In den Jahren 2013 bis 2022 wurden insgesamt 130 Millionen Euro in die Gesundheitsförderungsfonds der Länder eingebracht (aus Mitteln der gesetzlichen Krankenversicherung). Weitere 20 Millionen Euro wurden von Seiten der Länder finanziert. Als Grundlage für eine abgestimmte Verwendung der Mittel aus den Landesgesundheitsförderungsfonds und der Vorsorgemittel wurde eine Gesundheitsförderungsstrategie erarbeitet, die im Jahr 2014 beschlossen wurde. Somit wurde der Grundstein für eine abgestimmte Steuerung eines erheblichen Geldvolumens für Gesundheitsförderung in Österreich gelegt.

Die Gesundheitsförderungsstrategie baut auf den Österreichischen Rahmen-Gesundheitszielen auf, sie berücksichtigt bestehende Kapazitäten, Projekte und Programme zur Gesundheitsförderung auf Ebene des Bundes, der Länder und der Sozialversicherung. Die Umsetzung der Gesundheitsförderungsstrategie wird einem Monitoring unterzogen. In eine zentrale elektronische Datenbank werden mittels eines Online-Tools die Beschreibung und Daten von Gesundheitsförderungsmaßnahmen eingespeist. Das Monitoring soll eine Beobachtung der Zielerreichung und der Mittelverwendung in Bezug auf die definierten inhaltlichen Schwerpunkte, Grundsätze und Qualitätskriterien erlauben und überregionales Lernen und Vernetzung ermöglichen.

In den letzten Jahren wurden und werden darüber hinaus eine Reihe von Strategien entwickelt, die auf Schwerpunktthemen oder relevante Zielgruppen der Gesundheitsförderung fokussieren. Es handelt sich dabei vor allem um (vgl. www.bmgf.gv.at/home/Gesundheitsförderungsstrategie):

  • Kinder- und Jugendgesundheitsstrategie
  • Nationaler Aktionsplan Bewegung NAP.b A
  • Nationaler Aktionsplan Ernährung NAP.e A
  • Konzept SUPRA − Suizidprävention Austria

Der Fonds Gesundes Österreich

Der Fonds Gesundes Österreich (FGÖ) wurde 1998 mit der Umsetzung des Gesetzes beauftragt. Als Entscheidungs- und Kontrollgremium wurde ein Kuratorium aus Vertreterinnen und Vertretern der folgenden Institutionen eingerichtet:

  • Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (Bundesminister/-in ist Präsident/-in)
  • Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung
  • Bundesministerium für Finanzen
  • Landeshauptleutekonferenz
  • Verband der Versicherungsunternehmen
  • Dachverband der österreichische Sozialversicherung
  • Städtebund
  • Gemeindebund
  • Seniorenrat
  • Ärztekammer und Apothekerkammer

Der FGÖ bestand bereits seit den 1970er-Jahren, allerdings als kleinere Organisation, die v. a. Aktivitäten in den Bereichen der Selbsthilfe und Kariesprophylaxe umsetzte.

Gleichzeitig mit einer Änderung des Gesundheitsförderungsgesetzes im Jahr 2006 wurde die Gesundheit Österreich GmbH (GÖG) per Bundesgesetz gegründet. Der FGÖ und das Österreichische Bundesinstitut für Gesundheitswesen (ÖBIG) wurden als Geschäftsbereiche eingegliedert. Das Bundesinstitut für Qualität im Gesundheitswesen (BIQG) wurde als dritter Geschäftsbereich im Jahr 2007 gegründet. Hauptaufgabe dieses nationalen Forschungs- und Planungsinstituts für das Gesundheitswesen und der Kompetenz- und Förderstelle für die Gesundheitsförderung ist die Abstimmung von Strukturplanung, Gesundheitsförderung und Qualitätssicherung. Alleingesellschafter der GmbH ist der Bund, vertreten durch den jeweiligen Gesundheitsminister bzw. die Gesundheitsministerin. Im Zuge dieser Reform wurde außerdem der Sozialversicherung ein Teil der Einnahmen aus der Tabaksteuer zur Verfügung gestellt. Diese Mittel müssen laut Gesetzgeber für die Vorsorgeuntersuchung und für Maßnahmen der Gesundheitsförderung verwendet werden.

Seit 1998 stehen dem FGÖ jährlich 7,25 Millionen Euro für die Umsetzung von Gesundheitsförderungsaktivitäten zur Verfügung, ausgeschüttet aus öffentlichen Mitteln (Anteile am Aufkommen an der Umsatzsteuer nach Maßgabe des jeweiligen Finanzausgleichsgesetzes).

Als Hauptaufgabe fördert der FGÖ mit diesen Mitteln Pilotprojekte in Settings. Weitere Aktivitäten sind Capacity Building/Kapazitätsentwicklung in Form regionaler Fortbildungsangebote im Rahmen des Bildungsnetzwerks, Stipendien für Public Health-Lehrgänge, regelmäßige Konferenzen und Vernetzungsveranstaltungen, Verbreitung von Wissen an Multiplikatorinnen und Multiplikatoren und die Bevölkerung, Social Marketing-Aktivitäten, Maßnahmen zur Qualitätsentwicklung, Forschungsförderung (bis 2008) und Kooperationen und Beauftragung im Bereich Gesundheitsförderungsforschung und Evaluation (seit 2008) sowie Unterstützung von EU-Projekten und der nationalen und internationalen Vernetzung.

Die inhaltlichen Schwerpunkte des FGÖ waren über die Jahre hinweg zum großen Teil stabil, fokussiert jeweils auf recht breite Themen, Zielgruppen oder Settings. Die wesentlichen Zielgruppen bildeten über die Jahre Kinder und Jugendliche im schulischen und außerschulischen Bereich, Menschen am Arbeitsplatz sowie ältere Menschen. Sozioökonomisch benachteiligte Bevölkerungsgruppen (Gesundheitsförderung und soziale Benachteiligung / Gesundheitsförderung und gesundheitliche Chancengleichheit; Gesundheitsförderung und Migrationshintergrund) wurden im ersten Dreijahresprogramm (1998 bis 2002) und dann wieder ab 2008 prominenter berücksichtigt. Ebenso standen Frauen im Fokus der ersten drei Jahre. Die Themen Bewegung, Ernährung und seelische Gesundheit sind seit 2003 fixer Bestandteil der Arbeitsprogramme.

Ab 2008 gab es einen mehrjährigen Fokus im Bereich „Herz-Kreislauf-Gesundheit“ sowie wieder eine stärkere Betonung der Gesundheitsförderung für sozial benachteiligte Bevölkerungsgruppen und Gender Mainstreaming als Querschnittsthemen. Die im Jahr 2012 gestartete FGÖ-Initiative „Auf gesunde Nachbarschaft!“ ist darauf ausgerichtet, niederschwellige kommunale Gesundheitsförderungsmaßnahmen zu fördern, wodurch insbesondere vulnerable Zielgruppen erreicht werden sollen.

Im Rahmenarbeitsprogramm 2017 bis 2021 des FGÖ wurden erstmals drei übergreifende Leitthemen für fünf Jahre festgelegt, die die Grundlage für die Jahresarbeitsprogramme bildeten. Psychosoziale Gesundheit, gesundheitliche Chancengerechtigkeit sowie gendergerechte Gesundheitsförderung und Diversität sollten in den historisch entstandenen fünf Programmlinien gezielt berücksichtigt werden.

2020 legte der FGÖ bei allen Aktivitäten und Angeboten einen Fokus auf die Bewältigung der COVID-19-Pandemie (Leitthema „Gut leben in Zeiten von COVID-19“), um die Bevölkerung im Umgang mit den Auswirkungen der Maßnahmen der Bundesregierung durch Aktivitäten der Gesundheitsförderung bestmöglich zu unterstützen. Es wurden bestehende Strukturen genutzt (z. B. für die Verbreitung von Informationen über Websites und andere Kanäle) und für laufende geförderte Projekte und Programme zusätzliche Ressourcen zur Verfügung gestellt. Außerdem wurde die Möglichkeit geschaffen, Projekte mit spezifischem Corona-Fokus zu beantragen.

Im Rahmenarbeitsprogramm 2022 bis 2023 werden die nun vier bestehenden Leitthemen um das neue Schwerpunktthema Klima und Gesundheitsförderung ergänzt (siehe Abbildung 2). Auch in den Jahren 2022 und 2023 setzt der FGÖ das Rahmenarbeitsprogramm weiterhin in fünf Programmlinien, im Bereich der Entwicklung der Selbsthilfe und durch themenübergreifende Aktivitäten und Kapazitäts- und Wissensentwicklung um. Der FGÖ orientiert sich dabei stark an den Gesundheitszielen und Policies in Österreich, wie z. B. Gesundheitsförderungsstrategie, Kinder- und Jugendgesundheitsstrategie, Nationaler Aktionsplan Ernährung und Nationaler Aktionsplan Bewegung.

Gesundheitsförderung auf Ebene der Bundesländer

In allen Bundesländern außer dem Burgenland gibt es teilweise schon seit Jahrzehnten bestehende Gesundheitsförderungs- und Präventionseinrichtungen (Gesundheitsförderung, Prävention und Rehabilitation), deren Schwerpunkt in der Umsetzung von Gesundheitsförderungsprojekten und -programmen liegt:

  • Styria vitalis (Steiermark)
  • Verein für prophylaktische Gesundheitsarbeit (PGA, Oberösterreich)
  • Gesundes Niederösterreich
  • Avomed Arbeitskreis für Vorsorgemedizin (Tirol)
  • AVOS Arbeitskreis für Vorsorgemedizin (Salzburg)
  • aks Vorarlberg
  • Wiener Gesundheitsförderung (WIG)
  • Gesundheitsland Kärnten

aks Vorarlberg wurde beispielsweise bereits 1964 als Verein ins Leben gerufen − mit dem Ziel, die Gesundheit der Vorarlberger Bevölkerung zu fördern. Geldgeberinnen bzw. Geldgeber sind meist die Landesregierungen, häufig auch Krankenkassen und der FGÖ. Traditionell ist bei diesen Einrichtungen die Betreuung längerfristiger Programme wie „Gesunde Gemeinden“ und „Gesunde Schulen“ angesiedelt (Settingansatz/Lebensweltansatz).

Die Idee der „Gesunden Gemeinde“ wurde in einigen Bundesländern (z. B. der Steiermark) bereits Ende der 1980er Jahre aufgegriffen; in manchen Bundesländern beteiligen sich mittlerweile zwei Drittel aller Gemeinden. Weitere Schwerpunkte sind Kariesprophylaxe und themenspezifische Programme wie Herz-Kreislauf-Gesundheit, Naturküche u. a. sowie Vorsorge- und Arbeitsmedizinische Leistungen.

Diese Einrichtungen haben sich als aks austria − Forum Österreichischer Gesundheitsarbeitskreise organisiert. aks austria orientiert sich mit seinen Aktivitäten zur Gesundheitsförderung u. a. an der Gesundheitsförderungsstrategie und hat sich zum Ziel gesetzt, durch überregionalen Austausch und Vernetzung sowie gemeinsames Auftreten Gesundheitsförderung in den Bundesländern besser sichtbar zu machen, zu professionalisieren und als Ansprechpartner für überregionale Projekte und EU-Projekte zur Verfügung zu stehen.

Unterstützungsstrukturen und Netzwerke für Gesundheitsförderung

Die Entwicklung wichtiger Unterstützungsstrukturen startete bereits Ende der 1980er Jahre. Österreich war maßgeblich an der Entwicklung des internationalen Netzwerks Gesundheitsfördernder Krankenhäuser beteiligt. So wurde das erste europäische Modellprojekt mit Unterstützung der Stadt Wien und des Wiener Krankenanstaltenverbundes von 1989 bis 1996 in Wien durchgeführt. Im Jahr 1995 beschloss die WHO die Gründung nationaler und regionaler Netzwerke, ein Jahr später wurde das österreichische Netzwerk Gesundheitsfördernder Krankenhäuser gegründet. Das österreichische Netzwerk hat somit die längste Geschichte der nationalen und regionalen Netzwerke Gesundheitsfördernder Gesundheitseinrichtungen in Österreich (Gesundheitsförderung und Krankenhaus – Das Gesundheitsfördernde Krankenhaus).

Ebenfalls 1996 wurde die Österreichische Kontaktstelle des Europäischen Netzwerks für Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) eingerichtet, angesiedelt bei der Österreichischen Gesundheitskasse (ursprünglich Oberösterreichische Gebietskrankenkasse). Zur regionalen Unterstützung der BGF-Praxis wurde im Jahr 2000 das Österreichische Netzwerk Betriebliche Gesundheitsförderung (ÖNBGF) mit Regionalstellen in allen Bundesländern gegründet. Die Partnerorganisationen des Netzwerks sind die Träger der Sozialen Kranken- und Unfallversicherung und der überregional tätige Dachverband der Sozialversicherungen, die Bundesarbeiterkammer, die Industriellenvereinigung, die Wirtschaftskammer Österreich und der Österreichische Gewerkschaftsbund. Durch ein dreistufiges, vom FGÖ gefördertes Qualitätssicherungsverfahren (Charta für BGF, Gütesiegel für drei Jahre, Verleihung BGF-Preis) sollen Betriebe bei ihren Aktivitäten begleitet werden.

Seit 2004 wurden Schulservicestellen bei den Gebietskrankenkassen (jetzt: Österreichische Gesundheitskasse) in acht Bundesländern eingerichtet. Als klassische Netzwerke haben sich das „Wiener Netzwerk Gesundheitsfördernder Schulen“ (WienGS), das Netzwerk „Gesundheitsförderung an Salzburgs Schulen“ sowie das Netzwerk „Gesunde Schule, bewegtes Leben“ der steiermärkischen Gebietskrankenkasse etabliert. In der Steiermark gibt es darüber hinaus auch ein von Styria vitalis betreutes Netzwerk für Volksschulen und Hauptschulen.

In den letzten Jahren wurde ein Netz der Fachstellen für Suchtprävention aller österreichischen Bundesländer sowie jener aus Südtirol aufgebaut, das als „Österreichische ARGE Suchtvorbeugung“ in einem Verein organisiert ist. Die regionalen Fachstellen für Suchtprävention widmen sich in den letzten Jahren neben ihren Aufgaben im Bereich der Information, Beratung und Betreuung Suchtkranker immer mehr auch der universellen Prävention bzw. Gesundheitsförderung (Gesundheitsförderung 1: Grundlagen).

Weitere wichtige Netzwerke und Interessenvertretungen sind „Fit Sport Austria“, eine Initiative der Sport-Dachverbände „ASKÖ“, „ASVÖ“ und „SPORTUNION“, das Netzwerk der Frauen- und Männergesundheitszentren, das Netzwerk Gesundheitsförderung und Arbeitsintegration, die Netzwerke zu Selbsthilfe (siehe unten) das Gesunde Städte Netzwerk und die Österreichische Gesellschaft für Public Health ÖGPH (Gesundheitswissenschaften/Public Health). In der ÖGPH sind Anliegen der Gesundheitsförderung inkl. Forschungsagenden in unterschiedlichen Kompetenzgruppen vertreten (z. B. in den Kompetenzgruppen Partizipation, Public Mental Health, Demenz, Kinder- und Jugendgesundheit, Digital Health).

Selbsthilfe in der Gesundheitsförderung Österreichs

In Österreich gibt es ca. 1.700 Patientinnen- und Patienten − sowie Angehörigengruppen und -organisationen (Selbsthilfe, Selbsthilfegruppen und Selbsthilfeförderung). Die Gruppen haben sich einerseits zu themenspezifischen Landes- und Bundesverbänden zusammengeschlossen, andererseits gibt es eine themenübergreifende Struktur in Form von Dachverbänden auf Länderebene, die auch die wichtigsten Träger von Kontaktstellen (Selbsthilfeunterstützungsstellen) sind. Diese Kontaktstellen haben sich im Jahr 2000 zur Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfe Österreich (ARGE Selbsthilfe Österreich) zusammengeschlossen. Zielsetzungen sind die Stärkung, Qualitätsentwicklung und Bündelung der Ressourcen.

Im Jahr 2017 wurden basierend auf einem Konzept zur öffentlichen Förderung der Selbsthilfe der Österreichischen Sozialversicherung in Kooperation mit dem Gesundheitsministerium sowie dem Fonds Gesundes Österreich wesentliche Entwicklungen angestoßen: Es wurde der Bundesverband Selbsthilfe Österreich als Interessenvertretung der bundesweiten themenbezogenen Selbsthilfeorganisationen gegründet, die Österreichische Kompetenz- und Servicestelle für Selbsthilfe ÖKUSS an der Gesundheit Österreich GmbH als Unterstützungseinrichtung für bundesweite Selbsthilfeorganisationen und Selbsthilfebeteiligung eingerichtet sowie zwei Förderschienen für die finanzielle Förderung von Selbsthilfegruppen und -organisationen entwickelt.

Die ARGE Selbsthilfe Österreich wurde aufgelöst und das Netzwerk Nationaler Selbsthilfegruppen (NANES) gegründet, ein Zusammenschluss themenübergreifender Selbsthilfegruppen. Der 2011 gegründete Dachverband von Selbsthilfegruppen für seltene Erkrankungen, Verein Pro Rare Austria, besteht weiterhin. Trotz dieser positiven Schritte besteht bei der systematischen Unterstützung von Selbsthilfe und der Einbindung der Perspektive von Patientinnen und Patienten sowie sozial benachteiligter Bevölkerungsgruppen im Gesundheitsbereich noch Entwicklungsbedarf.

Österreichische Plattform Gesundheitskompetenz (ÖPGK)

Die Österreichische Plattform Gesundheitskompetenz (ÖPGK) wurde im Jahr 2014 unter Bezugnahme auf die Gesundheitsreform und das Gesundheitsziel 3 der Gesundheitsziele Österreich „Gesundheitskompetenz der Bevölkerung stärken“ gegründet. Sie ist für die langfristige Entwicklung und Etablierung von Gesundheitskompetenz, für Vernetzung, Verbreitung von Wissen und Innovation, Abstimmung und Koordination zwischen Politik- und Gesellschaftsbereichen sowie Monitoring und Berichterstattung zuständig.

Die nachhaltige Weiterentwicklung der ÖPGK wird in einem breit abgestimmten Prozess nach dem Prinzip Gesundheit in allen Politikfeldern (Health in All Policies) begleitet. Die inhaltlichen Schwerpunkte der ÖPGK sind derzeit Gute Gesundheitsinformation Österreich, Gute Gesprächsqualität im Gesundheitssystem, Rahmenbedingungen in Organisationen und Settings, Empowerment von Bürgerinnen Bürgern sowie Patientinnen und Patienten sowie Messung der Gesundheitskompetenz.

Frühe Hilfen: Nationales Zentrum und Netzwerke

Frühe Hilfen vereinen Maßnahmen zur Gesundheitsförderung und Frühinterventionen in der frühen Kindheit, um Entwicklungsmöglichkeiten und Gesundheitschancen von Kindern und ihren Eltern in Familie und Gesellschaft zu verbessern. Damit soll ein Beitrag zur Förderung der Elternkompetenzen von (werdenden) Müttern und Vätern geleistet werden. Außerdem sollen Entwicklungsstörungen und Krankheiten verhindert bzw. reduziert werden. Frühe Hilfen leisten auch einen relevanten Beitrag zur gesundheitlichen Chancengerechtigkeit.

In allen österreichischen Bundesländern werden seit 2015 nach dem österreichischen Grundmodell regionale Frühe Hilfen-Netzwerke aufgebaut, die durch das Nationale Zentrum Frühe Hilfen durch Wissenstransfer, Schulungen und Fortbildungen, Evaluationen und ein einheitliches Dokumentationssystem unterstützt werden.

Forschung zur Gesundheitsförderung in Österreich

Neben einzelnen Universitätsinstituten verschiedener Wissenschaftsdisziplinen und einigen außeruniversitären Forschungseinrichtungen wird seit Mitte der 1990er Jahre an Fachhochschulen Gesundheitsförderungsforschung und Evaluation betrieben, allerdings mit geringen finanziellen Mitteln und unter schwierigen Bedingungen.

Betrachtet man nur die Publikationen in peer reviewed Journals mit dem Suchbegriff Health Promotion ist in den letzten Jahren ein eindeutiger Aufwärtstrend in der Gesundheitsförderungsforschung in Österreich zu beobachten (Clarke et al. 2007 a, b; Schwarz & Maier 2014). Hinzu kommt eine große Anzahl von Projektberichten (auffindbar z. B. in der FGÖ Datenbank von geförderten Projekten) und anderen Beiträgen (z. B. Evaluationsberichte), die überwiegend von Praktikerinnen und Praktikern in der Gesundheitsförderung erstellt werden und nicht in peer-reviewed Journals erschienen sind. Auch verstärkte Aktivitäten der Österreichischen Gesellschaft für Public Health (ÖGPH) machen sich bemerkbar. Dennoch besteht noch großer Bedarf an Stärkung der Gesundheitsförderungsforschung in Österreich.

In einem Mapping zur Gesundheitsförderungsforschung und -ausbildung, durchgeführt vom Kompetenzzentrum Zukunft Gesundheitsförderung im Jahr 2022, werden unter anderem Forschungsthemen und -zugänge, Akteurinnen und Akteure, Publikationen, Netzwerke und Fördermöglichkeiten erhoben.

Was konkrete Forschungsaktivitäten an den Universitäten betrifft, werden hauptsächlich Projekte der Implementierungsforschung und der Evaluationsforschung durchgeführt, auch Forschungsprojekte zu Gesundheitsdeterminanten und zu policy-relevanten Themen.

Das Feld der außeruniversitären Einrichtungen, die zur Gesundheitsförderung forschen, ist in Österreich fragmentiert. Es werden vorwiegend Evaluationen von Gesundheitsförderungsprojekten und -programmen sowie weitere Auftragsforschung durchgeführt. Das Ludwig Boltzmann Institut for Health Promotion Research (LBIHPR) war bis 2016 in Österreich federführend in der Gesundheitsförderungsforschung und vor allem in den Bereichen Schule, Krankenhaus, Einrichtungen der Langzeitbetreuung, Partizipation, Organisation, Methoden/Evaluation und Gesundheitskompetenz tätig. Diese Arbeiten werden nun zum Großteil an der Gesundheit Österreich GmbH (GÖG) fortgesetzt. Die GÖG führt auch Forschungsarbeiten in anderen Themenbereichen durch, etwa zur Frage sozialer Ungleichheit. Von Fachhochschulen (FH) wird v. a. Implementierungs- und Evaluationsforschung durchgeführt.

Die Forschungstätigkeiten in allen drei Bereichen – universitär, außeruniversitär und an Fachhochschulen – zeichnen sich in vielen Fällen durch angewandte und transdisziplinäre Forschungsansätze sowie durch die Vernetzung mit (vorwiegend regionalen) Partnerorganisationen aus und können in vielen Fällen der Implementierungsforschung zugerechnet werden. Man kann vor diesem Hintergrund von einem sich weiterentwickelnden Feld der Gesundheitsförderungsforschung in Österreich sprechen (vgl. Potvin & Jourdan 2021).

Im Gesundheitsreformgesetz 2013 wird die Berücksichtigung wissenschaftlicher Evidenz als handlungsleitendes Prinzip angeführt. Eine systematisch ausgearbeitete Forschungsstrategie für Gesundheitsförderung gibt es dennoch nicht, auch sind die finanziellen Mittel für Gesundheitsförderungsforschung in Österreich nach wie vor sehr beschränkt.

Die Weiterentwicklung von Gesundheitsförderungsforschung steht vor verschiedenen Herausforderungen. Im konventionellen, disziplinär angelegten Wissenschaftssystem inklusive relevanter Publikationsmöglichkeiten in peer-reviewed Journals gibt es wenig Anreize für Gesundheitsförderungsforschung, die inter- bzw. transdisziplinär arbeitet, auch wenn sich in den letzten Jahren (teilweise universitäts- bzw. organisationsübergreifende) Initiativen zu partizipativer Gesundheitsforschung, zu citizen science, responsible science und allgemein zur Förderung gesellschaftlicher Wirksamkeit von Forschung etabliert haben. In gesellschaftlichen Systemen, die von Gesundheitsförderungsforschung profitieren, haben zentrale Akteurinnen und Akteure in diesen Systemen jedoch keinen Forschungs(förderungs)auftrag.

Wichtige Einrichtungen, die Gesundheitsförderungsforschung in Österreich finanzieren, sind vor allem Bund, Länder und Sozialversicherung. Forschungsförderungsstellen auf Bundesebene wie der Fonds zur Förderung der Wissenschaftlichen Forschung (FWF) für die Grundlagenforschung, die Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) für angewandte Forschung, auf Länderebene z. B. der Wiener Wissenschafts- und Technologiefonds (WWTF) oder die Gesellschaft für Forschungsförderung in Niederösterreich haben entweder keine Förderkategorie Public Health (z. B. FWF, FFG) oder themenspezifische Calls ohne klare Hinweise auf Verstetigung des Themas Gesundheitsförderung bzw. Public Health (z. B: WWTF, GFF_NÖ), was eine nachhaltige Etablierung von Gesundheitsförderungsforschung erschwert. Forschungsprojekte zur Gesundheitsförderung werden allerdings auch in nicht-themenspezifischen Calls gefördert, etwa wenn ein Thema der Gesundheitsförderung mit dem Call-Thema verbunden werden kann (z. B. IKT-unterstützte Bewegungsförderung in Calls zu IKT der FFG).

Bei den Fördergebern außerhalb des Wissenschaftssystems ist es zwar möglich, Mittel für Gesundheitsförderungsforschung unter anderen Förderkategorien zu erhalten, allerdings nur in vergleichsweise geringem Ausmaß.

Ausbildung in der Gesundheitsförderung

Lange Zeit war die 1986 in Innsbruck gegründete und inzwischen nicht mehr existente „School of Public Health“ der einzige Studiengang mit Public Health-Inhalten (Gesundheitswissenschaften/Public Health). Mitte der 1990er Jahre ermöglichte ein Stipendienprogramm der Steiermärkischen Landesregierung 25 Personen ein Auslandsstudium. Im Jahr 2002 wurde schließlich der erste Universitätslehrgang Public Health in Graz gegründet. In den Jahren danach folgten einige weitere Studiengänge zu Public Health/Gesundheitswissenschaften in Tirol, Oberösterreich, Wien und Vorarlberg.

Diem und Dorner (2014) erfassten alle Public Health-Ausbildungen an österreichischen Universitäten und Fachhochschulen. Grundlage waren die Informationen auf den Websites der Hochschuleinrichtungen. Mit Stand 2013 gab es drei postgraduelle Public Health-Universitätslehrgänge, zwei Public Health-Doktoratsstudien und 34 Studiengänge, die Teilbereiche von Public Health abdeckten. Außerdem wurden Public Health-Inhalte in den Curricula der Medizinstudien in Österreich identifiziert. Die Autoren kamen zu dem Schluss, dass es zwar ein umfangreiches Angebot für Public Health-Aus- und Weiterbildungen in Österreich gab, doch das Angebot sollte ausgebaut werden zu einer adäquaten Public Health-Workforce in Österreich.

Im aktuellen Mapping zur Gesundheitsförderungsforschung und -ausbildung zeigt sich für den Universitätsbereich, dass es kein spezifisches Studienangebot (Bachelor- oder Masterniveau,) im Bereich Gesundheitsförderung gibt. Themen der Gesundheitsförderung, die als solche ausgewiesen sind, werden v. a. im Rahmen von sozialwissenschaftlichen Studien und Lehramtsstudien angeboten, wenn auch überwiegend als Spezialisierungsmodul bzw. Wahlfach. Auch in Medizin- und Pflegewissenschaftsstudien sowie gesundheitswissenschaftlichen Studiengängen ist Gesundheitsförderung in einzelnen Lehrveranstaltungen verankert.

Fachhochschulen hingegen haben in den letzten Jahren im Aus- und Weiterbildungsbereich eine wichtige Rolle eingenommen. Es sind einige vom Bund finanzierte Studiengänge (auf Bachelor- und Masterniveau) an unterschiedlichen Fachhochschulen mit Schwerpunkten/Departments in den Bereichen Gesundheit, Soziales oder Gesundheitsmanagement entstanden, die sich – wenn auch im unterschiedlichen Ausmaß – mit Gesundheitsförderung beschäftigen. Darüber hinaus gibt es zahlreiche postgraduelle Weiterbildungsangebote an Universitäten und Fachhochschulen.

Eine spezifische Ausbildung im Bereich Evaluation gibt es in Österreich bis auf einen Fachhochschul-Lehrgang Evaluation im Gesundheits-, Sozial- und Bildungsbereich bisher nicht.

Die Ausbildung auf universitärer bzw. Fachhochschul-Ebene ist abzugrenzen von einem umfangreichen und teils unübersichtlichen Angebot an Fort- und Weiterbildungen im Bereich Gesundheitsförderung. Der Fonds Gesundes Österreich nimmt hier mit dem Bildungsnetzwerk eine zentrale Rolle ein und organisiert eine Vielzahl von qualitätsgesicherten Fortbildungen, die sich vorwiegend an Praktikerinnen und Praktiker in der Gesundheitsförderung wenden. Auch die jährlich stattfindenden Konferenzen des FGÖ, die Wiener Gesundheitsförderungskonferenz, die Konferenz der ÖPGK sowie die Konferenz des Österreichischen Netzwerks Gesundheitsfördernder Krankenhäuser und Gesundheitseinrichtungen ONGKG tragen zur Weiterbildung bei.

Fazit und Ausblick

In den vergangenen Jahrzehnten haben wichtige Schritte in Richtung Stärkung der Gesundheitsförderung, Kooperation der Akteurinnen und Akteure und breiter Umsetzung einer salutogenetisch orientierten Gesundheitspolitik (Salutogenese) in Österreich stattgefunden. Auch in der Gesundheitsförderungsforschung ist in den letzten Jahren ein deutlicher Aufwärtstrend zu beobachten, und es gibt eine wachsende Zahl an Aus- und Weiterbildungsangeboten. Im Hinblick auf die Finanzierung eines soliden Ausbaues der Gesundheitsförderung wurde mit der Errichtung der Landesgesundheitsförderungsfonds der Grundstein für eine abgestimmte Steuerung eines erheblichen Geldvolumens für Gesundheitsförderung in Österreich gelegt.

Um das Gesundheitsförderungssystem in diesem Sinne weiterzuentwickeln, bedarf es einerseits nach wie vor des politischen Willens, andererseits aber auch der weiteren Verbreiterung und Vertiefung der Wissensbasis durch wissenschaftliche Forschung, Dokumentation und Evaluation sowie der Aus-, Weiter- und Fortbildung einer großen Zahl qualifizierter Fachkräfte und des Wissenstransfers zwischen Forschung in Praxis und Politik.

2022 wurden in der Gesundheit Österreich GmbH drei neue Kompetenzzentren gegründet, die sich der systematischen Entwicklung von Gesundheitsförderung widmen: Das Kompetenzzentrum Zukunft Gesundheitsförderung unterstützt im Sinne eines breiten Capacity Building-Ansatzes (vgl. Aluttis et al. 2014) die Stärkung von Gesundheitsförderung und Primärprävention, die Weiterentwicklung von Gesundheitsförderungskapazitäten, den internationalen Austausch und die Entwicklung innovativer Maßnahmen. Das Kompetenzzentrum Gesundheitsförderung und Gesundheitssystem trägt dazu bei, Gesundheitskompetenz, Gesundheitsförderung und Prävention als Kernaufgabe in eine umfassende Gesundheitsversorgung zu integrieren. Das Kompetenzzentrum Klima und Gesundheit erarbeitet schließlich an den Schnittstellen von Klimaschutz, Klimawandelanpassung, Gesundheitsförderung und Gesundheitswesen nachhaltige Strategien für das Gesundheitssystem sowie Grundlagen für die Entwicklung gesundheitspolitischer Rahmenbedingungen.

Mit der „Aufbau- und Resilienzfazilität“ (kurz RRF) der Europäischen Kommission werden den EU-Mitgliedstaaten Mittel zur Verfügung gestellt, um Europa nachhaltig zu stärken und resilienter zu gestalten. Um die Mittel in Anspruch zu nehmen, erstellten die Mitgliedstaaten jeweils nationale Aufbau- und Resilienzpläne. Im Zuge des österreichischen Aufbau- und Resilienzplans werden aktuell mehrere Vorhaben zur Stärkung der Gesundheit und Gesundheitsförderung umgesetzt: Das Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz setzt das nationale Roll-out der „Frühen Hilfen“ als Projekt mit RRF-Mitteln um. Ziel ist es, bis 2024 ein flächendeckendes Angebot von regionalen Frühe-Hilfen-Netzwerken in Österreich sicherzustellen. Darüber hinaus wurde, ebenfalls im Zuge des österreichischen Aufbau- und Resilienzplans, „Community Nursing“ als eines der Leuchtturmprojekte definiert. Über 120 Pilotprojekte zu Community Nursing werden in Österreich etabliert, wodurch gemeindenahe Gesundheitsförderung, Unterstützung, Beratung und Prävention ermöglicht werden.

Literatur:

Aluttis, C., den Broucke, S. V., Chiotan, C., Costongs, C., Michelsen, K. & Brand, H. (2014). Public health and health promotion capacity at national and regional level: a review of conceptual frameworks. Journal of Public Health Research, 3(199), S. 37−42. https://doi.org/10.4081/jphr.2014.199.

Clarke, A., Gatineau, M., Grimaud, O., Royer-Devaux, S., Wyn-Roberts, N., Le Bis, I. & Lewison, G. (2007). A bibliometric overview of public health research in Europe. European journal of public health, 17 Suppl 1, S. 43–49. https://doi.org/10.1093/eurpub/ckm063.

Clarke, A., Gatineau, M., Thorogood, M. & Wyn-Roberts, N. (2007). Health promotion research literature in Europe 1995-2005. European Journal of Public Health, 17 Suppl 1, S. 24–28. https://doi.org/10.1093/eurpub/ckm062.

Diem, G., Dorner, T.E. (2014). Public Health Ausbildung in Österreich. Ein Überblick. Wiener Medizinische Wochenschrift, 164, S. 131−140.

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Internetadressen:

Agenda Gesundheitsfoerderung: www.agenda-gesundheitsfoerderung.at

Community Nursing: https://cn-oesterreich.at/

Fonds Gesundes Österreich: www.fgoe.org

Forum Österreichischer Gesundheitsarbeitskreise: www.aksaustria.at

Gesundheit Österreich GmbH: www.goeg.at

Netzwerk Betriebliche Gesundheitsförderung: www.netzwerk-bgf.at

Netzwerk Frühe Hilfen: www.fruehehilfen.at

Österreichische Gesellschaft für Public Health: www.oeph.at

Österreichische Kompetenz- und Servicestelle für Selbsthilfe ÖKUSS: https://oekuss.at

Österreichische Plattform Gesundheitskompetenz ÖPGK: https://oepgk.at

Verweise:

Capacity Building / Kapazitätsentwicklung, Gesundheitliche Aufklärung und Gesundheitserziehung, Gesundheitsfördernde Gesamtpolitik / Healthy Public Policy, Gesundheitsförderndes Krankenhaus, Gesundheitsförderung 1: Grundlagen, Gesundheitsförderung 2: Entwicklung vor Ottawa 1986, Gesundheitsförderung und Migrationshintergrund, Gesundheitsförderung und Schule, Gesundheitsförderung und soziale Benachteiligung / Gesundheitsförderung und gesundheitliche Chancengleichheit, Gesundheitswissenschaften / Public Health, Salutogenese, Selbsthilfe, Selbsthilfegruppen und Selbsthilfeförderung, Settingansatz/Lebensweltansatz